14.12.2025 | Die Kunst der Fotopause

Viele glauben, man müsse permanent kreativ sein, um wirklich „drin“ zu bleiben. Dabei
entsteht echte Kreativität oft erst dann, wenn man sich genau diesen Druck nimmt.


Manchmal berühre ich wochenlang keine Kamera – und das ist völlig in Ordnung. Früher hätte ich mich dafür innerlich getadelt. Schließlich hält sich hartnäckig das Bild, dass „richtige“ Fotografen permanent kreativ sein müssen, ständig mit frischen Ideen um sich werfen und am besten täglich Meisterwerke produzieren. Klingt beeindruckend, hat aber mit der Realität wenig zu tun. Tatsächlich gehört etwas anderes dazu: kreative Pausen.

Kreative Pausen – warum sie notwendig sind

Pausen sind kein Hinweis auf mangelnde Motivation, sondern ein natürlicher Teil jedes kreativen Prozesses. Fotografie ist kein Fließband, sondern etwas, das Energie braucht. Und Energie entsteht nicht, wenn man permanent auf Anschlag läuft.

Ich sehe es wie Atmen: Einatmen, ausatmen. Fotografieren ist das Einatmen. Die Phasen dazwischen – das Ausatmen. Ohne Ausatmen hält niemand lange durch.

Eine Pause gibt dem Kopf Zeit, zur Ruhe zu kommen, Eindrücke zu sammeln und die innere Neugier wieder aufzuladen. Oft entsteht genau in dieser Stille der Raum für neue Impulse.

Schluss mit den Schuldgefühlen

Diese Gedanken kennen viele: „Ich müsste mehr machen…“, „Alle anderen sind produktiver…“, „Ich hänge hinterher…“. Doch in Wahrheit führt niemand eine Tabelle über Deinen Output, und niemand wartet darauf, Dich zu bewerten. Fotografie ist keine Pflichtübung. Wenn die Lust gerade abgetaucht ist, dann ist das keine Schwäche, sondern schlicht ein Zeichen dafür, dass der Tank leer war und wieder gefüllt werden darf. Und sobald der Druck raus ist, passiert etwas Schönes: Die Freude kehrt zurück. Ohne Zwang, ohne Vergleich, ohne Pflichtgefühl.

Der Moment, an dem die Lust zurückkommt

Das Faszinierende daran: Der Funke springt meistens dann über, wenn man gar nicht damit rechnet. Vielleicht beim Spaziergang, wenn ein Hauch Frost auf dem Autospiegel funkelt. Vielleicht wenn das Licht am Nachmittag eine Ecke im Zimmer plötzlich völlig verwandelt. Oder wenn ein Vogel im perfekten Moment still hält – als wüsste er genau, dass Du zurück bist. Oft reicht ein winziges Detail, und plötzlich macht es klick. Dieses Kribbeln, dieses „Oh, das will ich festhalten!“ – und man merkt: Die Lust war nie weg, sie hat nur geschlafen.

Meine eigenen Erfahrungen

Ich habe immer wieder Phasen, in denen ich schlicht nicht fotografiere. Keine Energie, kein Kopf dafür, manchmal auch einfach keine Lust. Und ehrlich gesagt: Diese Pausen haben mir jedes Mal gutgetan.

Der Alltag fordert genug, und Fotografie ist für mich ein Ausgleich, keine Verpflichtung. Es gab Tage, da hat mich nichts motiviert – und Wochen später stand ich plötzlich wieder mit einem Grinsen da, weil das Licht irgendwo genau richtig gefallen ist oder ein Frostdetail mich aus dem Nichts gepackt hat.

Genau diese Momente erinnern mich jedes Mal daran, warum Pausen kein Hindernis sind, sondern Teil des Kreislaufs.



Hast Du Fragen zu diesem Artikel? Sende gerne eine E-Mail an sh-fotografie-saar.de
Beachte: der Betreff ist bereits vorausgefüllt (bitte weder löschen noch erweitern)